Stockholmer Karolinska- Institut warnt vor weiterer Unterrichtsdigitalisierung

Schon wieder ein Kassandraruf gegen die Digitalisierung des Unterrichts, dabei haben wir doch bereits Herrn Spitzer? Es könnte egal sein, würde nicht die Digitalisierung als technische Basis des konservativen und liberalen Widerstands gegen die woke Geschichtsrevision kaputtgeredet.

Das Stockholmer Karolinska-Institut — die angesehenste medizinische Institution Schwedens — warnt vor der weitergehenden Digitalisierung des Unterrichts. Diese führe zur Absenkung des Niveaus. Hauptursache sei,

  • a) dass das Lesen am Bildschirm niemals mit derselben Intensität erfolge wie das von Texten, die auf Papier gedruckt wurden,
  • b) dass die Gefahr der Ablenkung bei Recherchen im Netz außerordentlich groß bleibe
  • c) dass die Kinder lernten, unkritisch alle möglichen Inhalte zu akzeptieren, die ihnen dort leicht konsumierbar angeboten würden.
  • d) dass die Digitalisierung auch keine positive Auswirkung auf die Chancengleichheit habe, da es in bildungsfernen Milieus erst recht keine Instanzen gebe, die als Korrektiv dienen könnten.

Zu a)

Auch der digitale Text erhält im Unterricht im Normalfall erschließende und weiterführende Aufgaben. Der Text muss also intensiv gelesen werden, egal ob analog oder digital. Was für eine Art Unterricht das Institut vor Augen gehabt hat, ist mir schleierhaft. Ein lernzielorientierter Unterricht kann es jedenfalls nicht gewesen sein.

Zu b)

Die Gefahr der Ablenkung bei Recherchen im Netz kommt in der Praxis des Unterrichts selten vor. Rechercheaufgaben sind bei gutem Unterricht sehr zielorientiert und in einem begrenzten zeitlichen Rahmen vorgegeben, die anderen Aufgaben überwiegen bei weitem.

Zu c)

Die Schüler lernen bei schlechtem Unterricht, Inhalte unkritisch zu übernehmen. Der gute Unterricht bespricht recherchierte Inhalte und Recherchemethoden und zeigt dem Schüler auf, wo Gefahren lauern. Aber auch hier scheint dem Institut ein freischwebender Schüler vor Augen zu stehen, der machen kann, was er will, ohne dass eine Überprüfung von Methoden und Ergebnissen einsetzt. Bei unfähigem Unterricht mag das möglich sein, aber das liegt nicht an der Digitalisierung, sondern an einer verfehlten pädagogischen Unterrichspraxis.

Zu d)

Die positive oder fehlende Auswirkung auf Chancengleichheit ist ebenfalls kein Digitalisierungsproblem, sondern ein pädagogisches Problem.

Wenn ich solche Studien oder Warnungen serviert bekomme, weiß ich schon immer, dass die Verfasser keine Schulpraxis haben, sonst wüssten sie, dass man immer alles gut oder schlecht machen kann, auch die Digitalisierung des Schulunterrichts. Hätten sie Schulerfahrung, hätten sie untersucht, wie digitaler Unterricht realisiert werden muss, um optimale Ergebnisse zu bringen. Die ganzen offensichtlichen Vorteile des digitalen Unterrichts kommen gar nicht zur Sprache: die Reichweite, Verfügbarkeit und Veränderbarkeit des Materials; die Möglichkeiten zu Kommunikation und Kollaboration sowie die Durchsichtigkeit und Strukturierung des gesamten Unterrichtsgeschehens. Deshalb kann ich solche Warnungen wie die des Karolinska-Instituts, auch wenn es die angesehenste medizinische Institution Schwedens ist, einfach nicht ernst nehmen.

Aber das eigentlich Schlimme ist: Mt solchen Warnungen greift man die Digitalisierung als technische Basis des konservativen und liberalen Widerstands gegen die woke Geschichtsrevision an, und das halte ich für einen Schuss ins eigene Knie.

Wie man es gut machen kann, zeige ich auf der Seite “Lernplattform“ anhand von 11 Folien. Dahinter steht eine konservative Pädagogik, die aber reformpädagogische Anliegen, soweit sie berechtigt und sinnvoll sind, durchaus bedient, zum Beispiel große Freiheiten des Schülers bei der Bestimmung von Ablauf und Tempo der Arbeit sowie das Zurücktreten des Lehrers im Unterricht. Es geht um die Integration von Lernzielorientierung, berechtigten Reformansätzen und Digitalisierung, auch wenn die üblichen pädagogischen Traumtänzer gerne schäumen oder gleich abschalten und in ihre üblichen Denkschablonen verfallen, wenn sie das Wort „Lernzielorientierung“ hören.

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Die Warnungen des Insituts habe ich gefunden in

Junge Freiheit Nr. 30 + 31 / 23 | 21. – 28. Juli 2023 in der Kolumne GegenAufklärung von Dr. Karlheinz Weissmann auf Seite 17. Eigentlich ein exzellenter Historiker, steht er doch leider wie viele Konservative mit der Digitalisierung auf dem Kriegsfuß, was ich sehr bedaure.

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